Ein Tag in Akadien

Dienstag, 15. Juli 2025 (geschrieben am 16. Juli)

Die Betten im Best Western sind bequem, auf dem Flur gäbe es Automaten für Getränke und Snacks, sogar Waschmaschine und Trockner stehen bereit. Für den Pool bleibt leider keine Zeit. Das Frühstück ist inklusive. Attraktion ist ein Waffelautomat, in den man ein Becherchen Teig kippt und bald eine sehr dicke Waffel mit den Buchstaben BW, also dem Hotellogo, bekommt. Dazu Ahornsirup satt.

Noch ein kurzer Blick auf den herausgeputzten Teil am Wasser samt kleinem Türmchen. Alles sehr entspannt hier. Parallel läuft ein großer Feuerwehr- und Polizeieinsatz für einen sehr unspektakulären Auffahrunfall. Und dann ziehen wir wieder los.

Erster Stopp an der Küste entlang ist in Pokeshaw: Dort gibt es am Strand einen Vogelfelsen, den man von einer kleinen Aussichtsplattform aus beobachten kann. Kleine Spende an die, vermutlich irischstämmige, Famiie bei der Einfahrt. Ein kleines Idyll mit Picknickbänken, Toilette, altem Handelshäuschen, Stele für gefallene Iren und einer Holzbühne, auf der man sich unter einem irischen Kleeblatt fotografieren kann. An den Strand könnte man auch. Aber die Attraktion sind die zahllosen Vögel, die den Felsen bewohnen, darunter die Trottellumme, Kormorane und andere, von denen wir noch nie gehört haben.

Ein paar Kilometer weiter sind wir am Ziel – nicht ahnend, dass das schon das Tagesziel sein wird und alle anderen Stopps entfallen. Das Historische Akadische Dorf ist ein Freiluftmuseum, das sich dem Leben der Französischen Einwanderer widmet, die dann unter der Knute der britischen Einwanderer standen und schließlich vertrieben wurden, in anderen Teilen der Ostküste ihr Glück suchen mussten. Deshalb ist man hier wohl auch so stolz auf das französische Erbe. Das „Je me souviens“ auf den Autokennzeichen heißt, so der Reiseführer, „ich erinnere mich“ und bezieht sich darauf, dass man das alles den Briten noch etwas nachträgt.

Im Museumsdorf wurden – größtenteils – Originalhäuser aus Ostkanada zusammengetragen, grob sortiert nach Zeitraum. Also erst ab 1840, dann um 1900, schließlich in den 1930ern. Das Besondere: Es gibt keine Tafeln oder Infoblätter, sondern in jedem Haus lebende Darsteller in zeitgemäßer Kleidung, die auf Englisch und Französisch von den Menschen erzählen, die einmal das Haus bewohnt haben. Zu Mittag kochen sie sich das Essen aus dieser Zeit. Superspannend und braucht viel Zeit. Dazu hat es knapp 30 Grad, die Sonne brennt.

Ganz knapp zusammengefasst: Zunächst arme Bauern, die im Erdgeschoss einen Raum hatten, später zwei. Meist zwischen 7 und 10 Kinder, die auf Strohmatten auf dem Boden schliefen. Die Großeltern bekamen stets das richtige Bett. Im Dachboden wurde Getreide gelagert. Oft wurde erst ein Raum gebaut, dann der zweite angebaut. Über der Tür hing immer ein Gewehr, für Bären, Elche und vermutlich die Briten. Langsam gab es Holzböden, keinen offenen Kamin mehr, sondern gußeiserne Öfen für Wärme und zum Kochen. Ein Schotttisch-stämmiger Richter schließlich verlegte die Schlafräume in die erste Etage, wie er aus der Heimat gewohnt war.

Man kann Schindelmacher, Schmiede, Fassmacher und viele mehr bei der Arbeit beobachten. Natürlich gibt es auch eine Wochenzeitung, wobei schon damals Geld durch das Drucken von anderen Aufträgen herein kam. Als spätes Mittagessen gibt es Akadische Speisen, Gemüsesuppe und Hühnerfrikasse, dazu frisch gezapftes Bier (und natürlich, wie immer, kostenloses kaltes Wasser).

Schon etwas erschöpft gelangen wir zum Schulgebäude. Dort flötet die „Lehrerin“: So, und jetzt ist ungefähr Halbzeit, aber Sie haben ja noch einen zweiten Tag Zeit. Da erst fällt uns auf, wie das grüne Armbändchen mit dem „gültig für zwei Tage“ gemeint war: Das Museum ist so groß, dass man sich tatsächlich zwei Tage Zeit lassen sollte … Auch die Vermieterin hatte beim Verweis darauf, was alles geplant ist, nur angemerkt „ich mache für euch die Lichter an.“ Drei Augenpaare blicken die Reiseleitung kritisch an. Aber man konnte ja wirklich nicht ahnen, dass das Museum so groß ist, dass der Zwischenstopp danach beim Nationalpark Kouchibouguac auf der Hälfte der Strecke entfällt und wir dann wieder drei Stunden bis zur Unterkunft haben … Auch der geplante Badestopp an der Düne von Bouctouche muss leider entfallen. Stattdessen sind wir bis 17 Uhr bei den historischen Gebäuden und taumeln schließlich fast vom Gelände.

Dann geht die lange Fahrt weiter gen Süden, einziger Stopp ist schließlich im Supermarkt. Gegen 22 Uhr rollen wir auf den Hof des großen Bauernhofs, gegen 22.45 Uhr gibt es Abendessen. Alle Sorgen angesichts der nahenden Hitzewelle in einer Unterkunft ohne Klimanlage sind verflogen: Das alte Bauernhaus lässt sich so gut lüften, dass es kein Problem werden dürfen. Selbst am Dienstagabend war es schön kühl, weil die Vermieter die Rollos heruntergelassen hatte.