Sonntag, 21. Juli 2024
Am Morgen ist kein einziges Boot auf dem Meer zu sehen. Ab und an zieht ein kleines Rudel Jetski-Fahrer vorbei, aber selbst sie werden weniger. Es ist wunderbar kühl und tatsächlich ziehen dicke Wolken und starker Wind auf. Und nach 72 sehr unangenehmen Stunden ist die Reiseleitung auch wieder fit und trommelt leicht ungeduldig mit den Fingern. Denn inzwischen prasselt der Regen … Von unserer geschützten Terrasse aus beobachten wir, wie Menschen sehr geduldig auf den Bus warten und irgendwann Autos durch tiefe Pfützen fahren.
Gegen 14 Uhr ist es wieder trocken und wir ziehen los. Erstmal nach Roses, denn der Kühlschrank ist einigermaßen leer, der Magen auch. Bis wir tatsächlich leicht außerhalb einen Parkplatz gefunden haben und im Ort sind, ist es 15 Uhr. Also gibt es einen Imbiss in einer Bäckerei, mit frisch gepresstem Orangensaft, Kaffee, Gebäck, was insgesamt sehr günstig und dennoch lecker ist. Danach streifen wir durch Roses und suchen die Altstadt. Enge Gassen, nicht unbedingt alt. Zahlreiche Geschäfte, darunter viel Nippes, Taylor-Swift-Devotionalien, Fisch-Spas (in denen arme ausgehungerte Flossenträger Menschen die Hornhaut vom Zeh knabbern), Billigkleidung und Markenklamotten. Restaurants und Kneipen mit bunten, mehrsprachigen Speisekarten. Und wir finden tatsächlich drei, vier Häuser aus dem Jugendstil. Zählt das schon als Altstadt?
Die Strandpromenade läuft neben der Einfallsstraße und ist okay. Der große Strand von Roses wird uns hingegen sehr sicher nicht mehr sehen, kein Baum, kein Strauch, dafür im Zweifel viel Mensch. Die Kirche in der Stadt hat übrigens auch wieder fast keine Fenster. Zurück zum Auto.
Innerhalb von Minuten sind wir aus der Stadt und im kompletten Kontrastprogramm. Die Zikaden sind zurück, inzwischen ist es warm und wir suchen einen Dolmen, auch Menhir genannt. Das Hünengrab wurde wohl zwischen 3500 und 3000 vor Christus errichtet und zwischendurch als Stallung genutzt.
Weiter geht es zum Aussichtspunkt Falconera, an dem uns der Wind ziemlich durchpustet. Wir zuckeln weiter über kleine Sandstraße, zu den Stränden, die uns Vermieterin Eva empfohlen hatte. Inzwischen haben alle wieder Hunger. Aber, australisches Prinzip, die Küche am schönsten Strand bleibt leider um 18 Uhr schon kalt – also außer für die Großgruppe, die da was reserviert hatte. Aber wir kommt man überhaupt tagsüber hierher, wenn doch die Zufahrt in den Nationalpark erst ab 17 Uhr gestattet ist? Ganz einfach: Platz im Restaurant reservieren, dann bekommt man eine Whatsapp, die wiederum am Kontrollpunkt als Passagierschein gilt.
Also fahren wir zurück an den anderen Ortsrand von Roses, an den Strand Canyelles Petites. Hach, klares Wasser, feiner Sand, kleine Bucht Wir bummeln etwas am Meer entlang, als laute Bässe ums Eck wummern: Die Reichen und Schönen, die ihre Boote vor einer kleinen Plattform geparkt haben, feiern. Eine ziemliche Menge Leute, schon ziemlich enthemmt, mit viel dezentem Security-Personal. Was da wohl nach Sylter Vorbild passieren würde, wenn man das Lied von Gigi-d’Agostino laufen lässt…. Wir wollen es lieber nicht wissen und drehen um.
Abendessen im El Trapella, wir sind mit 19.30 Uhr noch ziemlich früh dran. Was in Spanien übrigens ganz großartig ist, ist dass man – nicht nur dank der Tapas – komplett problemlos kleine Speisen bestellen kann, ohne, wie in Italien, drei Pirouetten drehen zu müssen. Nebenbei können wir gegen 20.30 Uhr ziemlich amüsiert beobachten, dass die Reichen und Schönen wohl ausgefeiert haben. Wer nicht in Schlangenlinien mit der Yacht von dannen zieht, muss den Fußweg nehmen, der in unserem Blickfeld liegt. Und was auch immer da ausgeschenkt wurde – es gab wohl innerhalb von kurzer Zeit sehr viel davon. Weibliche Gäste sind gerne nur noch mit einem Schuh unterwegs, alle Geschlechter ziemlich schwankend und insgesamt ist man dankbar, dass einem nicht der Champagner vor die Füße gebrochen wird.
Von unserer Terrasse aus sehen wir, wie der Wind das Meer wieder aufpeitscht. Der Mond geht unfassbar schön auf und entschädigt dafür, dass der Sonnenuntergang von uns aus nicht zu sehen ist. Fledermäuse zischen vorbei. Und es ist weiter angenehm kühl.