Ab in den Süden

Montag, 30. Dezember 2024

Der Wecker geht um 5 Uhr. Während Nicole unter die überlebensnotwendige Dusche springt, kommen die Teenager zu sich, Gerald belädt den Brummer. Tatsächlich sind wir um 5.40 Uhr unterwegs zum Terminal 3 am Frankfurter Flughafen, der allerdings so weit weg von allem liegt, dass wir erst zweifeln, ob wir richtig sein können. Aber: Ein Parkplatz im Holiday Parken ist gebucht und zum Glück entdecken wir schon bei der Fahrt ins Parkhaus den Shuttlebus. Denn ausgeschildert wäre er nicht. Um 6.50 Uhr sitzen wir drinnen und schlottern – alle Türen sind auf, der Bus ist nicht beheizt und fährt erst um 7 Uhr. Ganz schön frisch.

Schließlich bringt uns der Bus zusammen mit anderen Reisenden zum Terminal 1, also zumindest grob in die Richtung. Wir werden an der Flughafenklinik in den kalten Morgen geschickt und müssen uns erst kurz orientieren, bis wir den Terminal finden. Aber da läuft dann alles geräuschlos: Die Bordkarten haben wir digital auf dem Handy, das Gepäck schicken wir selbst auf die Reise. Kleines Frühstück mit zwei Kaffee und drei Teilchen, danach geht es durch den vorab gebuchten schnellen Check-in. Dort erwischt es diesmal Kilian: Sprengstoffprobe wird genommen, die Wasserflasche durchleuchtet, alles ein bisschen James Bond, aber dann sind wir drin. Sonnenaufgang ist wegen Nebel nicht. Aber um 9.25 Uhr ist der knallvolle Flieger leicht verspätet in der Luft und über den Wolken strahlt die Sonne.

Die Sandwiches bekommen wir zum Familienpreis, was etwas dafür entschädigt, dass in diesem Flugzeug die Sitze nicht verstellt werden können. Neben Nicole sitzt eine weitere Flugängstliche, die sich in ihrem Buch verkriecht. Man nickt sich bei Start und Landung zu, atmet gemeinsam tief durch und übersteht das schon irgendwie.

Die Sonne bleibt, auch als wir leicht verspätet landen. Der Putztruppe stürmt schon fast das Flugzeug, bevor alle ausgestiegen sind. Die Crew wünscht schonmal ein schönes neues Jahr. Und wir sind in Lissabon! Das Gepäck braucht ein bisschen, dann nehmen wir ein Taxi in die Innenstadt. 30 Euro, aber es dauert wegen der vielen Baustellen auch wirklich lange. Da wir erst nach 15 Uhr in die Ferienwohnung können, stellen wir für 20 Euro das Gepäck in der Innenstadt unter.

Inzwischen knurrt uns der Magen. Im strahlenden Sonnenschein, bei 13 Grad, bummeln wir zum Time Out Food Market in einer historischen Halle. Dort gibt es ausschließlich leckeres, wenn auch nicht unbedingt zum Schnäppchenpreis. Egal. Burger und „schmutzige Pommes“ mit Hackfleisch, dazu Limos und kleine Bier. Wir sind ziemlich übermüdet und reizüberflutet, so viel zu hören und zu sehen. Am Ufer des Tejo geht es Richtung touristischem Zentrum. Auf den Straßen sind historische kleine Straßenbahnen und zahllose Tuktuks unterwegs, auf dem Gehweg werden Cocktails ins Ananas genauso verkauft wie geröstete Maronen. Schließlich gelangen wir zum Praca do Comercio. Auf dem großen Platz steht ein riesiger Weihnachtsbaum, am anderen Ende wir gerade eine überdimensionierte Bühne für die Silvesterkonzerte aufgebaut.

Durch den Triumphbogen geht es auf die Rua Augusta, die Hauptgeschäftsstraße. Und die Touristenhölle beginnt: Sonnenbrillen, T-Shirt, Taschen, was auch immer. Es ist eng und die Straßenhändler zahlreich, im Hintergrund dudelt Weihnachtsmusik. Der Elevador de Santa Justa ist atemberaubend schön, ein Aufzug, der den oberen und den unteren Stadtteil verbindet, erbaut von einem Schüler des großen Gustave Eiffel. Aber auch hier: Hölle los. Uns steigt Kaffeeduft in die Nase – und siehe da, in der Confiserie „Nat’elier“ gibt es Kaffee und Pastel de Nata, sehr fein. Aber inzwischen sind wir sehr müde.

Nach einem Bummel zurück zur Gepäckaufbewahrung kommt die Überraschung: Kilian hat die Uber-App und bestellt uns souverän ein privates Taxi, das uns zur Ferienwohnung bringt. Dort ist erstmal eine verspätete Siesta, bis wir zu einem ersten Bummel im Viertel aufbrechen. Sehr hübsch und ganz anders als im Zentrum. Ein Abstecher zur Basilika da Estrela, es läuft eine Tonprobe für ein Konzert am Abend. Die Reiseleitung überlegt schon, ob um 21.15 Uhr nicht ein guter Zeitpunkt für ein klassisches Konzert wäre – da ergreift die Gruppe die Flucht. Also doch in den Supermarkt, für einen Minivorrat. Danach laufen wir einfach los und finden zauberhafte Gassen mit wunderbaren kleinen Restaurants. Also klein im Sinne von klein, mit 20 Innenplätzen ist ein Laden schon größer. Das „A obra“ bietet ausgefallene kleine Speisen, auch vegetarisches und ist superlecker. Was auffällt: In den Toiletten muss das Papier in den Mülleimer, irgendwas mit der Kanalisation. Und: Es wird oft nur Bargeld genommen, keine Kartenzahlung.

Als wir gegen kurz vor 21 Uhr Richtung Ferienwohnung laufen, verlassen die Portugiesen gerade erst ihre Wohnung, um Abendessen zu gehen. Wir fallen ins Bett. Und morgen soll wieder die Sonne scheinen.