Das alles ist Kunst

Donnerstag, 2. Januar 2025

Die Nacht ist unruhig: Kilian wandert nach Mitternacht mit Kopfschmerzen umher und sucht Ibuprofen, der Obermieter wandert um 3.30 Uhr auf der Suche nach sonstwas wieder im Kreis und weckt alle. Nicole sitzt trotzdem um kurz vor 9 Uhr mit einem Tee am Esstisch und will endlich die Lösung zum „Mord im Christmas Express“ lesen. Und Wunder über Wunder, tatsächlich sind wir gegen 10 Uhr auf dem Weg zu einem Café zum frühstücken. Für den kleinen Laden an der Ecke sind wir schon zu spät dran, alle Tische besetzt. Aber ein paar Ecken weiter geht noch was – warme Croissants, Avocadobrot und feiner Kaffee, ein schöner Start in den Tag. Und man kann sich immer nur wundern, wie freundlich Menschen sein können.

Wie gut, dass nur eine Straßenecke weiter der Bus 728 bis fast direkt zur LX Factory fährt! Findet zumindest die Reiseleitung und die etwas müde Truppe fügt sich in ihr Schicksal. Auf einem ehemaligen Fabrikgelände (Druckmaschinen!) haben sich Restaurants und Designer angesiedelt, dazu gibt es etwas Streetart und Nippes. Viel zu schauen, ein schöner Ort für ein paar Souvenirs. Und dann machen wir noch das, was vermutlich alle Touristen irgendwann machen: Wir probieren Schafskäseschäfchen (drei mal) und eine große Bacalá-Krokette samt Portwein. Da der sehr große Raum aber sehr wenig geheizt ist und sogar die Angestellten schlotternd herumstehen, ist das kein Ort, um lange zu verweilen.

Danach spazieren wir im Sonnenschein eine halbe Stunde Richtung Tejo. Direkt am Fluss liegt das Museum für Kunst, Architektur und Technologie, kurz MAAT. Das Gebäude ist spektakulär, kreiert von der Londoner Architektin Amanda Levete, ein weißer Bau mit Kacheln, dem man auch aufs Dach steigen kann. Zweiter Teil des Museums ist das ehemalige Wärmekraftwerk. In dem historischen Gebäude sind noch Heizkessel und Turbinen zu sehen, außerdem – wie im modernen Bau – zeitgenössische Kunst. Allerdings müssen wir erst noch zur Pommesbude: Uns knurrt der Magen und das MAAT bietet nur Fine-Dining. Das Café hat keine Plätze mehr frei. Aber die frischen Pommes in der Sonne stärken gut für die Ausstellungen …. Louisa ist indes eine kleine Gewitterwolke: Sie würde lieber shoppen, statt bemalte Stoffbahnen besichtigen. Aber die Lichtinstallation macht dann auch ihr wieder Spaß.

Danach führt der Weg in die Innenstadt erstmal mitten auf die Stadtautobahn, denn da befindet sich die Bushaltestelle. Es ist ein großer Spaß, dort lange auf einen auch noch verspäteten Bus zu warten, der dann auch noch mittendrin anhalten muss, damit der Fahrer – warum auch immer – die Reifen sichten und an einer Stelle dagegen treten kann. Aber die Portugiesen tragen das (fast alle) wieder mit Fassung und wir bemühen uns auch. So landen wir wieder mitten im Touristenrummel am Triumphbogen, heute aber mit deutlich weniger Straßenhändlern, als am 30.Dezember. Louisa stürzt sich ins Shoppen (Pull&Bear und Bershka), Nicole reicht Kleidung in anderen Größe, Gerald und Kilian suchen nach Sitzmöglichkeiten. Nach einer Stunde ist Louisa zwei Tüten Klamotten reicher und wir suchen die Straßenbahnlinie 25.

Die alten Straßenbahnen in Lissabon sind Kult, allerdings ist die legendäre Linie 28 meist knallvolle. Aber ist gibt ja noch die 25, die auch in unser Viertel führt. Allein, die Suche nach einer Haltestelle gestaltet sich schwierig. Die Stimmung ist nach knapp 9 Stunden auf den Beinen langsam im freien Fall – als eine kleine Bahn tatsächlich neben und anhält und uns einsteigen lässt. Die 25 ist komplett leer, die junge blonde Straßenbahnfahrerin rumpelt robust durch die Straßen, öffnet die Türe, um zu sehen, ob man noch am eng geparkten Auto vorbeikommt, es ist ein Spaß.

Da dies aber ein Familienurlaub ist, werden wir zwar von der 25 auf den Hügel hinaufgefahren -Luftlinie wenig von der Ferienwohnung entfernt – aber wir machen uns zu Fuß umgehend wieder auf den Weg nach unten. Denn da gibt es ein Ramen-Restaurant, also einen Japaner, der dringend besucht werden muss. Finden die Teenager. Die Eltern sind zwar erst hoch genervt, stellen dann aber fest: Feine Sache. Bei Shifu ist alles in knalliger Manga-Anime-Optik gehalten und die Speisen trotzdem lecker und erstaunlich günstig. Also doch eine gute Wahl. Und dann geht es zu Fuß den Hügel wieder hinauf …

Gut 20.000 Schritte, gut 16 Kilometer. Am Tag zuvor war es ähnlich. Städteurlaub ist also durchaus aus ein Fitnessprogramm – zumindest in dieser Familie.