Sonntag, 7. Juli
Alle vier schlafen sagenhaft gut. Anders als befürchtet sind wir auch erst weit nach 6 Uhr wach. Duschen und kurz nach 8 Uhr ins Café Lulu relativ um die Ecke. Von außen etwas abgerissen, innen erwärmt es das Herz. Der Chef würde uns direkt die französische Speisekarte übersetzen, falls wir etwas nicht verstehen, ob wir noch Wünsche haben, ob er was helfen kann … Croissants. Lachsbagel, Nutella-Crepes munden. Nochmal kurz ins Hotel, dann zu Fuß zum (nicht)alten Hafen. Vieux Montreal schläft noch, kaum jemand ist auf der Straße.


Am Wasser bewundern wir das große Zelt des Cirque du Soleil, bevor wir um 10 Uhr aufs Schiff hüpfen, das uns über den Strom auf die Insel zum Park Jean Drapeau bringt. Sehr grün, viele gepflege Picknickplätze, kostenloses BBQ – das funktioniert offensichtlich auch hier. Was wie immer die Frage aufwirft: Warum nicht bei uns … Nach kurzen Irrungen und Wirrungen machen wir uns zu Fuß auf zum Infocenter. Denn dank Insta kennt die Reiseleitung zwei Attraktionen: Ein kostenloses Touribähnchen (das nehmen wir bei 30 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit gerne. Man muss vorher ein Ticket holen) und große Pflanzenskulpturen. Der stete Hintergrundsound sind die jubelnden Fans bei einem Wettbewerb im Schwimmbad, dem schönsten in ganz Kanada, wie wir im Bähnchen informiert werden. Lokalpatriotismus vom Feinsten.





Mit dem Bähnchen zuckeln wir über eine Formel-1-Rennstrecke, die gerade von Radlern und Joggern genutzt wird, vorbei an Pavillons der Expo 1967. Das massive französische Gebäude beherbergt inzwischen das Casino. Wir steigen – das ist etwas außerplanmäßig, weil eigentlich nicht so gedacht – am Casino aus und bummeln durch den Park. Dort sind seit Kurzem große Blumenskulpturen zu sehen: Ein Hirte mit Schafen, ein wunderschöner Frauenkopf. Beide sind durchaus gut besucht, gemessen daran, wie viele Menschen in der Stadt sind, ist das aber harmlos. Ein kleiner Stand verkauft Hotdogs, für etwas 4 Euro das Stück. Dann laufen wir zurück zur anderen Insel und nehmen die Metro in unser Viertel.








Aber gleich ins Hotel … Dafür ist es noch zu früh. Also bummeln wir durch die Straßen, in denen abends die Events stattfinden und dann geht es knapp 20 Minuten hügelaufwärts zum Café Chat l’heureux, einem Katzencafé. Ein ruhiges Wohngebiet, klassische nordamerikanische Reihenhäuser, Menschen sitzen auf den Balkonen. Das Café selbst liegt im portugiesischen Viertel und ist bei inzwischen 32 dampfigen Grad eine angenehme Zuflucht. Kilian und Louisa streicheln sich fest, den Tierheimtieren scheint es dort auch wirklich gut zu gehen.





Dann gehen wir den langgezogenen St. Laurent Boulevard zurück. Faszinierende Streetart an den Wänden, viele kleine Restaurants und Läden. Gefällt uns sehr. Eine lange Warteschlange bei Schwartzs Deli, das offensichtlich gerade eine wichtiges Sandwich verkauft. Und erstaunlicherweise die ganze Zeit keine Obdachlosen. Das kommt erst wieder in unserem Viertel, obwohl es zwischen den Uni Gebäuden und der sehr großen sehr neuen Klinik liegt. Eine sehr reife Frau mit vielen Tattoos im geblümten Kleid kreuzt unseren Weg, vermutlich auch nicht ganz auf der Sonnenseite des Lebens. Da kommt ihr ein kanadisches Pärchen entgegen, die junge Frau strahlt sie an: „Ich liebe dein Kleid!“ Ach Kanada ….







Ein kleines Päuschen im Hotel. Um 18.30 Uhr ziehen wir wieder los, in einen Foodcourt, den Kilian entdeckt hat. Dort ist viel los, wir kommen mit einem Deutschen am Nachbartisch ins Gespräch, der vor 20 Jahren der Liebe wegen ausgewandert ist. Die Liebe ging, er blieb. Abendessen ist Hummer (Nicole), Gyros (Gerald) und Burger, alles lecker. Wir erkunden weiter die Stadt. Direkt nebeneinander sind coole Hochhäuser in blitzsauberen Straßen, alte hoheitliche Gebäude, die auch in London oder Paris stehen könnten. Ein Insta-Tipp zu einem Brunnen mit Feuershow war offensichtlich leider mit Verfallsdatum versehen. Aber die Familie trägt solche Stopps mit viel Humor und erinnert sich lachend an die vielen Geheimtipps, zu denen sie schon geführt wurde und die dann leider doch geschlossen waren (ganz Rom im August, zum Beispiel).



Auf dem Rückweg zum Hotel spricht uns ein kanadisches Ehepaar an: Geht Mal nicht geradeaus weiter, da ist gerade was Schräges im Gange. Wir schauen nach vorne, sehen am Ende der Straße eine größere Ansammlung, danken und biegen ab. Danach geht es noch zur Bühne in unserer Straße. Interessanterweise sind die Veranstaltungen im Vergleich zu den Hochsicherheitsevents in Deutschland eher sanft gesichert. Dezente Einfahrtsperren und ein, zwei zurückhaltende Securities, die so gar nicht breitschultrig auftreten. Die Band rockt, die Eltern sind begeistert, die Teenager können sich kaum noch auf den Beinen halten. Und so verpassen wir – wenig überraschend – den großen Feuerwerkswettbewerb, bei dem heute Japan antritt. Aber nochmal 20 Minuten Fußweg um dann 4 Uhr deutscher Zeit … Das wäre nicht gegangen. In der Ferne hören wir das Feuerwerk und schlafen um 22 Uhr tief und fest.